Bundesobmann Strohmaier: Immer mehr Unterstützer

Bundesobmann Strohmaier: Immer mehr Unterstützer

Es war eine Weile still geworden um den geplanten Aufbau eines Zentralinstituts für die deutschen Sparkassen. Die Gespräche sind wegen der Corona-Krise nur auf Eis gelegt worden. Das heißt nicht, dass im Hintergrund die Schaffung einer Sparkassen-XXL-Bank nicht weiter erörtert wird. Und offenbar unterstützen immer mehr Sparkassen die Gründung eines Zentralinstituts in der roten Finanzgruppe, wie Bundesobmann Walter Strohmaier im Gespräch mit unserer Redaktion erklärt.

Der Hintergrund: Anders als Volks- und Raiffeisenbanken haben die Sparkassen bisher keine eigene „Zentralbank“, die bundesweit Dienstleistungen für die gesamte Gruppe übernimmt. Diese Funktion übernehmen bisher unter anderem verschiedene, durchaus im gegenseitigen Wettbewerb stehende Landesbanken und zahlreiche weitere Verbundunternehmen. Die Frage ist, wie lange sich die Sparkassen angesichts des zunehmenden Drucks durch die Negativzinsen und des starken Wettbewerbs auf dem Finanzsektor noch so viele eigenständige Dienstleister und mehrere Girozentralen leisten wollen.

Strohmaier sieht weiteren Reformbedarf

„Wir müssen als Sparkassen-Finanzgruppe auf die Herausforderungen des negativen Marktumfeldes reagieren und in unseren Abläufen noch effizienter werden“, erklärt Strohmaier, der zugleich Chef der Sparkasse Niederbayern-Mitte ist. Noch mehr Gemeinsamkeit und eine noch stärkere Aufgabenteilung, zugleich Doppel- und Mehrfacharbeiten vermeiden, so stellt sich der Spitzenfunktionär eine schlanke, effiziente, schlagkräftige und zukunftsfeste Finanzgruppe vor. „Hier kann uns ein zentrales Spitzeninstitut weiterhelfen“.

Davon ist Strohmaier überzeugt. Er unterstütze schon seit Jahren die Idee eines Zentralorgans für die öffentlich-rechtliche Sparkassen-Gruppe. Und er wirbt für das Projekt. Offenbar mit Erfolg. Denn unter den Funktionären werden die Befürworter immer mehr, die Zweifler und Kritiker weniger. Dennoch scheint die Gründung einer Sparkassen-Megabank ein Marathonlauf zu sein.

Daneben sieht der Bundesobmann durchaus auch noch Konsolidierungspotenzial – bei den Verbundunternehmen und Verbandsstrukturen. Denn: Es gibt immer noch über 520 wirtschaftlich selbstständige Unternehmen, die innerhalb der Sparkassenfamilie sogar teilweise im Wettbewerb stehen, und auch in den bundesweit zwölf Regionalverbänden werden bei aller Daseinsberechtigung noch oftmals Parallelarbeiten erledigt. „Hier Doppel- und Mehrfacharbeiten zu vermeiden, birgt durchaus noch Optimierungspotenzial“, betont Strohmaier. Das eröffne der Gruppe mehr Möglichkeiten, „als Marktführer noch leistungsfähiger im Interesse unserer Kunden zu sein“.

Finanzkrise lässt Zahl der Landesbanken sinken

Wenn auch die dezentral organisierte Sparkassen-Gruppe noch vor vielen Herausforderungen steht und zahlreiche Aufgaben zu bewältigen hat, so zeigt sich Strohmaier mit der bisherigen Entwicklung dennoch zufrieden. „Das geht in die richtige Richtung.“ Als Beispiele nennt der Bundesobmann die Landesbanken. Deren Zahl sei auf mittlerweile fünf (BayernLB, LBBW, Helaba, NordLB und SaarLB) deutlich reduziert worden, „wenngleich leider fast immer aus einer Notlage heraus“.

Vor der Finanzkrise 2007/2008 gab es noch insgesamt elf Zentralinstitute der Sparkassen. Infolge der heftigen Krise kamen einige Landesbanken finanziell in schwere Seenot, die Branche war zum Umsteuern gezwungen.

Als wichtigen Schritt bewertet Strohmaier auch, dass es bundesweit mit der Dekabank nur noch einen Wertpapierdienstleister und mit der Finanzinformatik nur noch einen IT-Dienstleister in der Sparkassen-Organisation gibt. Zudem steht der Sparkassenverlag allen Sparkassen gleichermaßen als Dienstleister zur Verfügung. Dies könne laut Strohmaier auch eine gute Blaupause sein für die noch acht Landesbausparkassen und neun öffentlich-rechtlichen Versicherer.

BGH-Urteil ein „bürokratische Monster“

Neben dem Zentralinstitut und der Konsolidierung in der Sparkassen-Finanzgruppe sorgt vor allem das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zu Gebührenerhöhungen für Gesprächsstoff innerhalb der Kreditwirtschaft. Die Rechtsprechung ermöglicht es Kunden, unter Umständen Gebühren zurückzufordern. Das könnte die Banken in Deutschland nach Einschätzung der Finanzaufsicht Bafin teuer zu stehen kommen. Allein die Deutsche Bank AG verbuchte wegen des Urteils einen negativen Effekt von 222 Millionen Euro im zweiten Quartal. Von den Sparkassen gibt es bislang keine Gesamtschätzung. Auch der Bundesobmann will keine Prognose abgeben.

Strohmaier erklärt: „Zunächst einmal ist festzuhalten, dass der BGH nicht über Entgelte oder deren Angemessenheit entschieden hat. Die Richter hätten vielmehr festgestellt, dass „eine wirksame Anpassung wesentlicher Vertragsgrundlagen einer Zustimmung des Kunden bedarf und nicht mit einer Zustimmungsfiktion erfolgen kann“. Das sei auch jenseits von Bankgeschäften auch üblich gewesen. Maßstab für mögliche Rückforderungsanspräche sei, „ob die gezahlten Entgelte ohne Rechtsgrund gezahlt wurden“. Das könne nicht generell, sondern immer nur im Einzelfall beurteilt werden. „Schon deswegen kann man im Augenblick nicht seriös prognostizieren, in welcher Höhe Rückerstattungen überhaupt die Folge wären.“

Banken und Sparkassen müssen sich nun explizit das Einverständnis von Kunden bei einer Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen einholen. „Hier bin ich wirklich gespannt“, so Strohmaier, „ob nun auch andere Branchen so behandelt werden wie die Finanzwirtschaft. Hier würden mir viele einfallen“. Der Bundesobmann zeigt sich überzeugt: „Die Leistungen, die Sparkassen-Kunden erhalten haben, waren sind auch immer ihren jeweiligen Preis wert waren.“

Das BGH-Urteil um die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) sieht Strohmaier als „bürokratisches Monster“. In den nächsten Wochen und Monaten müssten nun von den Kunden voraussichtlich seitenweise Zustimmungen zu Preisen eingeholt werden, die ihren Gegenwert als Dienstleistung haben. „Sonst hätten auch jetzt bereits die Kunden mit Abwanderung reagiert“, betont Strohmaier und führt zur Begründung aus: „Wir stehen in unserer digitalisierten Welt im knallharten Wettbewerb.“ Es möge vielleicht etwas provokant klingen, aber: „Wir Sparkassen sind sogar Verbraucherschützer, denn mit unserem starken nationalem Wettbewerb im Finanzgewerbe schützen wir die Verbraucher sogar vor deutlich höheren Preisen.“ In vielen Mittelmeer-Anrainerstatten seien die Kontoführungspreise mehr als doppelt oder sogar drei Mal so hoch wie hierzulande.

Umbau des Sicherungssystems einstimmig beschlossen

Für erhitzte Gemüter im öffentlich-rechtlichen Finanzsektor sorgte auch der milliardenschwere Umbau des Sicherungssystems von Sparkassen und Landesbanken. Die Europäische Zentralbank (EZB) und die deutsche Finanzaufsicht (Bafin) hatten verlangt, dass die Institute zusätzlich zu den bereits vorhandenen Mitteln im Sicherungssystem ab dem Jahr 2025 weitere Gelder in einen neuen Topf zur Rettung kriselnder Institute einzahlen sollen. Nach vielen kontroversen Diskussionen gab die rote Finanzgruppe dem Druck schließlich nach. Nach aktuellen Berechnungen soll es dabei um 5,2 Milliarden Euro gehen, die je zur Hälfte von Landesbanken und Sparkassen in den Extra-Fonds zu zahlen sind. Für die Sparkassen, die im vergangenen Jahr einen Gewinn von knapp 1,5 Milliarden erwirtschafteten, eine enorme Summe. Das sorgte für Kontroversen in den Gesprächen der Sparkassen und Landesbanken. Für Strohmaier gab es dafür „nachvollziehbare Interessensunterschiede“.

Wie der Bundesobmann der deutschen Sparkassen sagt, seien die Gespräche dennoch immer zielgerichtet gewesen. Dabei sei es darum gegangen, gemeinsam Lösungen zu finden, wie die Institutssicherung erhalten und fortentwickelt werden könne – auch im Sinne der Kunden. Dieser lösungsorientierte Ansatz zeige sich auch in den „erfreulicherweise“ einstimmigen Beschlüssen. Damit sei die Grundlage dafür gelegt worden, wie das Sicherungssystem der Gruppe noch leistungsfähiger gestaltet werden könne. Das Sicherungssystem der Sparkassen wurde in den 1970er-Jahren gegründet. Und bislang sei es noch bei keinem Mitgliedsinstitut „zu einer Leistungsstörung gekommen“.

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