Gemeinsam werden wir diese Zeit meistern
Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat die Corona-Krise auf Ihr Haus?
Walter Strohmaier: 2019 war ein herausforderndes, aber ein zufriedenstellendes Jahr. Heuer hat sich innerhalb von nur wenigen Wochen gezeigt, wie schnell sich unser gesamtes wirtschaftliches und auch gesellschaftliches Leben auf den Kopf gestellt hat. Deshalb bin ich sehr froh und dankbar, dass die Sparkasse Niederbayern-Mitte zu den durchaus erfolgreichsten und wirtschaftlich stabilsten Sparkassen Deutschlands zählt. Wir konnten unsere Reserven in den letzten Jahren stärken. Das kommt jetzt den Kunden in dieser außergewöhnlichen Krise sehr zu Gute. Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Stillstands können heute noch nicht abgeschätzt werden. Unsere Sparkasse profitiert jetzt davon, dass wir in den vergangenen Jahren sehr solide gewirtschaftet, rechtzeitig die richtigen Strukturveränderungen eingeleitet haben und vor allem kerngesund sind.
Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um gegenzusteuern? Ist Kurzarbeit eine Option?
Strohmaier: Zunächst sehen wir uns in der Pflicht, die Ausbreitung des Virus zu bremsen, um damit die Leistungsfähigkeit unseres Gesundheitssystems zu schützen. Deshalb setzen wir alles daran, Infektionsgefahren für unsere Mitarbeiter und Kunden zu vermeiden. Darüber hinaus halten wir die Geschäftsprozesse für unsere Kunden weiterhin stabil, damit Bezahlvorgänge normal stattfinden können, die Bargeldversorgung gesichert ist und unsere Firmen- und Privatkunden einen kompetenten Ansprechpartner erreichen.
Gibt es Maßnahmen, die Sie zum Schutz Ihrer Mitarbeiter ergreifen? Wenn ja, welche?
Strohmaier: Es wird natürlich auf die Distanz- und Hygienemaßnahmen geachtet. Außerdem wurden Teams bis in den Vorstandsbereich auf verschiedene Standorte aufgeteilt und es wird teilweise im Schichtbetrieb gearbeitet. Aus Fürsorge wurden auch vereinzelt Mitarbeiter frühzeitig freigestellt, die sich beispielsweise in Risikogebieten aufgehalten haben. Ebenso versuchen wir soweit möglich, betroffenen Mitarbeitern mit familiären Herausforderungen Kinderbeaufsichtigung oder Krankenbetreuung zu ermöglichen. Ich möchte betonen, dass die Mitarbeiter unserer Sparkasse auch in diesen herausfordernden Zeiten Großartiges leisten, um den Geschäftsbetrieb für unsere Kunden weiterhin aufrecht zu erhalten. Umso bedauerlicher finde ich in diesem Zusammenhang, dass selbst in diesen Zeiten namhafte Bundes- und Landespolitiker sowie Teile der Medien schon wieder zu Bankenschelten ausholen.
In einer Zeit, in der mir viele Sparkassen bundesweit bekannt sind, die wie auch wir derzeit Samstag- und Schichtarbeit genauso in ihre Überlegungen aufnehmen wie Rückholaktionen von Rentnern und Müttern, um die zahlreichen Kreditanträge zügig abzuarbeiten, obwohl diese idR sogar zu Lasten der eigenen Erlösrechnung führen, ist die aktuelle Generalkritik an der Kreditwirtschaft führender Spitzenpolitiker völlig unangebracht und ein Affront gegenüber zahlreich engagierter Mitarbeiter.
Ist die Versorgung mit Bargeld an allen Automaten gewährleistet?
Strohmaier: Ja, die Bargeldversorgung ist uneingeschränkt sichergestellt. Wir empfehlen aber die Nutzung kontaktloser Zahlungen mit Karte oder Smartphone. Damit kann das Ansteckungsrisiko minimiert werden und es entspricht auch den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation. Wir sind uns der Verantwortung für den Zahlungsverkehr allgemein sehr bewusst. Gerade in Krisenzeiten wird die Bedeutung der regionalen Sparkasse mehr als deutlich. Rund die Hälfte des Zahlungsverkehrs in Deutschland läuft über die Netze der Sparkassen.
Nicht jeder nutzt die Möglichkeit des Online-Bankings. Werden in den Filialen Ihres Hauses aktuell und auch in den kommenden Wochen alle gewohnten Dienstleistungen angeboten?
Strohmaier: Nach individueller vorheriger Absprache und unter Beachtung der Abstands- und Sicherheitsmaßnahmen, werden alle Dienstleistungen in den Geschäftsstellen weiterhin angeboten.
Viele Betriebe geraten durch die strikten Ausgangsbeschränkungen in Not. Gibt es bereits Unternehmen oder Selbstständige in Ihrem Geschäftsgebiet, die ihre laufenden Raten nicht mehr begleichen können?
Strohmaier: Besonders in Krisenzeiten ist es oberstes Ziel der Sparkassen, die mittelständische Wirtschaft aktiv und konstruktiv zu begleiten. Das machen wir auch vor Ort. Als Bundesobmann bin ich darüber hinaus auch deutschlandweit in der Krisenbewältigung der Sparkassen-Finanzgruppe stark gefordert. Die Sparkassen haben Geschäftsverbindungen zu rund zwei Dritteln der deutschen Unternehmen – schon allein daran lässt sich erkennen, wie stark die Sparkassen aktuell gefordert sind. In der Corona-Krise konnten wir anfragenden Unternehmen vielfach bereits im Rahmen einer sparkasseneigenen Soforthilfe und ohne Inanspruchnahme staatlicher Programme unmittelbar helfen. Dies geschieht derzeit am häufigsten durch Tilgungsaussetzungen. In der S-Finanzgruppe wurde bei einem Kreditvolumen von 28,7 Milliarden Euro bereits in 147.000 Fällen Tilgungsleistungen ausgesetzt. Denn viele Unternehmen kommen durch den faktischen Stillstand des öffentlichen Lebens schnell an die Grenzen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Deshalb ist es die wichtigste Aufgabe auch unserer Sparkasse Niederbayern-Mitte, diesen Unternehmen, Freiberuflern aber auch Einzelpersonen durch dieses tiefe Tal zu helfen.
Viele Menschen im Landkreis sind in Kurzarbeit oder bangen gar um ihre Jobs. Wie sieht es mit Privatkrediten aus, etwa für Hausbauer: Gibt es bereits Ratenausfälle bei Ihren Kunden? Falls ja: Wie reagiert Ihr Haus darauf?
Strohmaier: Wir können aktuell die zahlreichen Kreditanfragen gut bewältigen. Das ist wegen der hohen Anzahl der Anfragen gar nicht so einfach. Hinzu kommen wohlklingende Ankündigungen der Politik, die bei manchem Verbraucher den Eindruck erwecken, hier werden hohe Summen mit dem Füllhorn ohne Prüfung ausgeschüttet, was natürlich nicht möglich ist. Zusätzlich erleben wir, dass auch entgegen anderslautender Aussagen im täglichen Geschäft leider noch nicht vollumfänglich avisierte Erleichterungen in der Regulatorik sowie im Kredit- und Insolvenzrecht existieren. Je schneller die aufsichtsrechtlichen Bedingungen krisenadäquat angepasst werden, desto zügiger kann auch die Kreditvergabe der Sparkassen vereinfacht erfolgen. Unsere Mitarbeiter erbringen hier Höchstleistungen, um für unsere Kunden Lösungen zu finden.
Stellen Sie sich generell auf vermehrte Kreditausfälle in den kommenden Monaten ein? Gibt es Unterschiede zwischen Privatkunden und Firmenkunden?
Strohmaier: Natürlich wird die aktuelle Corona-Krise und v.a. deren Folge auch Konsequenzen für die Bilanzen der gesamten Kreditwirtschaft in diesem Jahr haben. Wie hoch das im Einzelfall sein wird, kann aktuell noch niemand verlässlich prognostizieren. Ich kann aber für unsere Sparkasse sagen, wir werden wie in den vergangenen 180 Jahren auch in Zukunft ein leistungsfähiger Partner für unsere Kunden bleiben.
Zum Schluss noch eine persönliche Einschätzung: Wie wird sich die Krise langfristig auf die Wirtschaft im Allgemeinen und die Banken im Besonderen auswirke
Strohmaier: Leider wird die Corona Krise weitreichende negative Konsequenzen für die wirtschaftliche Entwicklung unserer Volkswirtschaft in Deutschland als auch negative globale Auswirkungen haben. Das konkrete Ausmaß kann man derzeit natürlich noch niemand belastbar quantifizieren, weil wir vor allen Dingen nicht wissen, wie lange der Shutdown andauert. Laut Aussage führender Volkswirte kostet uns jede Woche Shutdown rund ein Prozent negatives Wirtschaftswachstum, wobei ich für die Ausgangsbeschränkungen vollstes Verständnis habe, denn Gesundheit steht deutlich vor wirtschaftlicher Entwicklung. Natürlich wird diese Entwicklung auch Auswirkungen auf die Banken haben. Dabei wird die von mir bereits früher mehrmals angeführte Marktbereinigung im Kreditgewerbe beschleunigt werden.
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